Eltern werden – Selbstaufgabe und Selbstfürsorge

„Ich kann nicht mehr!“

Wie oft haben wir diesen Satz selbst schon gesagt oder von anderen Eltern gehört? Vielleicht sogar relativ selten, denn viele trauen sich gar nicht, diese Worte auszusprechen. Noch immer ist es nicht angesehen schwach zu sein oder erschöpft. Eltern sein ist etwas, dass wir mit Leichtigkeit tun. Nebenher natürlich, denn die meisten Eltern haben noch einen Job, einen Haushalt, Freunde, Familie und vielleicht sogar auch Hobbies.

Die völlige Selbstaufgabe

Wird ein Baby geboren, steht erstmal alles andere hinten an. Inklusive der Eltern. Denn so ein kleines Wesen kennt keinen Bedürfnisaufschub und braucht gleichzeitig so viel von seinen Eltern oder den Menschen, die ihm am nächsten stehen. Und so passiert es, dass Eltern sich selbst aufgeben.

Doch ist solch eine Selbstaufgabe wirklich nötig. Ja und nein, denn es stimmt, dass das Baby die Mutter voll und ganz braucht. Doch im Vergleich zu früher bzw. zu ursprünglich lebenden Völkern, haben Mütter in Deutschland in den wenigsten Fällen die Möglichkeit sich in den ersten Wochen des Wochenbetts ganz auf das Baby zu konzentrieren. Sie stehen, meist gemeinsam mit dem Partner, alleine da und müssen zu zweit noch das ganze andere Leben auf die Reihe bekommen.

Dazu kommt noch, dass Frauen sich öfter hinten anstellen bzw. weniger egoistisch handeln als Männer, weil sie es häufig noch so gelernt haben. Und so gelingt ihnen nicht der Wechsel von der Mutter, die nur für das Baby da ist, zur Mutter, die auch auf sich achtet. Denn irgendwann werden die Kinder größer, können einen kleinen und irgendwann auch einen großen Moment warten und verstehen auch irgendwann, dass andere Menschen ebenfalls Bedürfnisse haben bzw. es Notwendigkeiten wie den Toilettengang gibt, die keinen Aufschub dulden.

Gelingt der Mutter (oder auch dem Vater) der Absprung nicht und opfert sie sich weiter auf, kommt es schnell zur völligen Erschöpfung. Alles wird zu viel, alles wächst ihnen über den Kopf.

Aber die anderen können es doch auch

Eltern neigen dazu, sich untereinander zu vergleichen bzw. ihre Kinder zu vergleichen. Und so schielt die völlig erschöpfte Mutter neidisch auf ihre Freundinnen und Bekannten, bei denen die Wohnung sauber ist, das Kind eine komplizierte Flechtfrisur trägt und die zuckerfreien Kekse selbst gebacken sind. Doch was sie nicht sieht, ist die Arbeit, die sich diese Mutter stundenlang gemacht hat, bevor sie Besuch bekommen hat, damit sie nicht als diejenige da steht, die es nicht hinbekommt.

Es ist uns peinlich andere Eltern in unser verkrümeltes Wohnzimmer zu lassen. Oder in ein Wohnzimmer, in dem eine Spielzeugbombe eingeschlagen hat. Wir servieren lieber zuckerfreie, selbstgebackene Kekse, die wir abends um zehn noch gebacken haben, anstatt eine Packung aufzureißen. Doch warum ist das so?

Es nicht hinzubekommen ist ein Zeichen von Schwäche, denn genau das erwartet unsere Gesellschaft. Eltern müssen es hinbekommen, denn alles ist ein Klacks. Daraus auszubrechen, den Besuch im unordentlichen, vollgekrümelten Wohnzimmer zu empfangen, eine Packung zuckerhaltiger Kekse aufzureißen und einfach zu sagen, dass man zu müde war es aufzuräumen, das ist wahre Stärke.

Selbstfürsorge statt Selbstaufgabe

Es wird Zeit, dass Eltern wieder lernen für sich selbst zu sorgen. Und sich das Leben so einfach wie möglich zu machen. Dazu gehört auch sich einzugestehen, wenn man etwas nicht kann oder eben nicht gerne tut. Klar, die wenigsten gehen im Haushalt auf oder waschen besonders gerne Wäsche. Doch neben diesen Dingen lohnt es sich zu hinterfragen, was wir wirklich machen müssen und wozu wir auch nein sagen können.

Und genau das ist ein erster Punkt, an dem Eltern arbeiten können und der meiner Meinung nach sehr zur Selbstfürsorge beiträgt: Nein sagen. Das fällt vielen Menschen sehr schwer, schließlich ist ein Nein immer abweisend. Machen wir uns aber klar, dass ein Nein zu einer Sache ein Ja zu uns selbst ist, sieht es doch schon wieder ganz anders aus.

Jeder Mensch braucht etwas anderes und so ist es wichtig, herauszufinden, was uns gut tut. Manche Menschen brauchen viel Zeit alleine, oder überhaupt mal eine Minute. Andere brauchen jemanden, der mit ihnen redet. Wieder andere haben vielleicht ein Hobby, dass sie sehr vermissen und in dem sie aufgehen. Wenn wir wissen was uns gut tut, geht es darum Räume zu schaffen. Und für sich einzustehen.

Um Räume zu schaffen brauchen wir in der Regel Hilfe, denn die Kinder betreuen sich selten alleine. Und so ist es gut zu schauen, wer helfen kann und um diese Hilfe zu bitten. Das erscheint für viele zu Beginn als etwas unmögliches, als eine Art das Versagen einzugestehen. Doch das ist es nicht. Geholfen bekommen und zu helfen, kann ein sehr gutes Gefühl geben. Wir müssen ja schließlich nicht immer nur nehmen, sondern können auch geben. Achtsam für unsere Umwelt werden, anderen Hilfe anbieten oder sie ermutigen Hilfe zu suchen, wenn wir sie nicht geben können.

Geht es der Mutter gut, geht es der Familie gut

Ob dieser Satz nun wirklich immer stimmt, sei dahin gestellt, denn es gibt mit Sicherheit auch Konstellationen, in denen es Müttern gut geht, aber die Familie leidet. Gehen wir aber von einer „normalen“ Familie aus, ist an dem Satz viel wahres dran, Kinder spüren, wenn es den Eltern schlecht geht. Sie zeigen es uns nicht und kooperieren bis zum umfallen. Sich das vor Augen zu führen, hilft oft bei kleinen Pausen und Auszeiten. Denn am Ende machen wir Eltern es nicht nur für uns, sondern für uns und die Familie. So dass wir am Ende des Tages alle glücklich und entspannt ins Bett gehen können.

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