Eltern werden – Das alte Leben

Eltern kennen es, die Sehnsucht nach dem alten Leben, also dem Leben vor den Kindern. Das hat nichts damit zu tun, dass Eltern ihre Kinder nicht lieben, doch es ist diese Sehnsucht, wieder etwas selbstbestimmter zu sein, alleine zu sein, mehr Paarzeit zu haben oder einfach nur einen Tag ausschlafen zu können.

Das alte Leben vor dem Wohl des Kindes

Doch dann gibt es da Eltern, die die Kinder nach sechs Monaten abstillen und zwingen in ihrem eigenen Zimmer zu schlafen, damit sie ihr altes Leben wieder aufnehmen können. Sie versuchen mit aller Macht das Kind unabhängig von sich selbst zu machen, so dass es von jedem beliebigen Mensch auf diesem Planeten betreut werden kann. Großeltern, Nachbarn, Freunde oder Babysitter.

Diese Eltern stellen meiner Meinung nach ihr Wohl schnell über das des Kindes. Sie wollen wieder Zeit für sich und das Elternbett selbstverständlich auch. Die Mutter möchte wieder Alkohol trinken, rauchen oder auf Partys gehen. Vielleicht kann ich diesen Freiheitsdrang nicht nachvollziehen, weil ich ihn noch nie verspürt habe. Doch für mich hat das immer „ein Geschmäckle“, wie der Schwabe sagen würde. Denn ich frage mich, warum habe ich ein Kind oder auch mehrere bekommen, wenn es mir so wichtig ist mein altes Leben genau so weiterzuleben. So zu tun, als gäbe es das Kind nicht bzw. es immer wieder weg zu organisieren.

Viele Eltern stellen ihr Wohl über das des Kindes. Oft wird argumentiert, dass es den Mann stört, wenn das Kind im Elternbett schläft, denn er mag endlich wieder seine Frau für sich. Alleine schlafen findet er nicht schön, dem Kind aber, dass viel hilfloser und schutzloser alleine ist, wird das ohne mit der Wimper zu zucken zugemutet. Kinder werden abgegeben, ohne dass darüber nachgedacht wird, was das mit ihnen macht. Auch die liebevollsten Großeltern können im ersten Jahr nicht die Mutter oder auch den Vater ersetzen, sie können eine wundervolle Ergänzung sein.

Das alte ins neue überführen

Die Kunst besteht also darin, das alte Leben in ein neues zu überführen. Denn vollkommene Selbstaufgabe macht auf Dauer auch nicht glücklich und sollte auch nie das Ziel sein. Viel mehr sollte es darum gehen zu schauen, wie es Eltern gelingen kann, Dinge, die ihnen wichtig sind, in dieses neue Leben mit Kind/Kindern zu überführen.

Manche Dinge können nicht mit kleinen Kindern gemacht werden bzw. sind einfach nicht möglich, weil die kleinen noch so viel Nähe und Zeit brauchen. Doch auch diese intensive Zeit bleibt nicht für immer, so dass einige Dinge ruhen können.

Oft entstehen aber auch neue Hobbies oder Aktivitäten, die Eltern in ihrem alten Leben so gar nicht im Blick hatten. Ich bin mit dem zweiten Kind tatsächlich sportlicher geworden und habe festgestellt, dass ich daran richtig Spaß haben kann.

Wichtig ist, auf sich selbst zu achten. Zu fragen, welche Dinge, Aktivitäten und Hobbies hinten angestellt werden können für eine gewisse Zeit. Welche weiterhin ausgeführt werden können oder welche in einer abgewandelten Form vielleicht auch mit Kind möglich sind.

Freunde ohne Kinder oder Menschen aus dem alten Leben

Es passiert selten, dass alle Freunde zur etwa gleichen Zeit Kinder bekommen. Der Freundeskreis ändert sich häufig noch einmal mit dem ersten Kind. Freunde ohne Kinder oder solche mit anderen Erziehungsansichten verlassen uns, neue Freunde kommen dazu. Und dann sind da Freunde, die bleiben. Manchmal sogar welche, die keine Kinder haben.

Ich selbst war auch lange Zeit die Freundin ohne Kinder. Manchmal konnte ich die Beweggründe der Eltern oder ihren Stress nicht verstehen. Das lag nicht daran, dass ich nicht wollte, sondern einfach nicht konnte, weil ich eine ganz andere, viel zu romantische, Vorstellung vom Leben mit Kindern hatte. Der Mann und ich waren aber immer die Freunde, die gerne Zeit mit den Kindern anderer verbracht haben und dank ganz lieber Freunde mit ihren damals drei Kindern üben durften.

Doch es gibt auch die Menschen, die mit Kindern nichts anfangen können. Hier gilt es zu entscheiden, ob wir Eltern diese Menschen in unserem Leben behalten wollen oder nicht. Und dann zu schauen, wie solch eine Freundschaft gestaltet werden kann. Es kann sein, dass sie für eine Weile ruht oder sich verändert, doch sie kann erhalten bleiben.

Gibt es überhaupt zwei Leben

Manch einer wird sich nun fragen, ob ich nicht ein wenig übertreibe und das alles zu hoch hänge. Gibt es wirklich diese zwei Leben? Ist die Geburt des ersten Kindes wirklich so ein einschneidendes Erlebnis? Ja und Nein, denn jeder nimmt das anders wahr. Und vielleicht hat manch einer bereits ein Leben geführt, in welches Kinder wunderbar integrierbar sind. Wie auch immer jeder einzelne es wahr nimmt, es ist wichtig diese Wahrnehmung zu akzeptieren und den Prozess zu begleiten.

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