Wir haben über Grundwerte bindungsorienterter Elternschaft geschrieben und darüber, wie wir den Umgang mit unseren Kinder verändern können.
In diesem Beitrag geht es um die Gefühle in der Familie.
Viele von uns haben verlernt, auf ihre Gefühle zu achten und auf sie zu vertrauen. Logik und Vernunft dominieren unsere Gesellschaft und nicht wenige Bücher für Eltern und Familien sprechen von Systemen, die funktionieren oder von Methoden um möglichst schnell ein bestimmtes Verhalten zu erreichen.
Ich weiß nicht, wie viele Eltern in den letzten Jahrzehnten einem strengen auf Autorität und der Mißachtung von Gefühlen und Bedürfnissen basierenden Erziehungsansatz gefolgt sind. Wie viele Mütter haben weinend hinter der Tür des Kinderzimmers gestanden, in dem das Baby verzweifelt schrie, weil es sich verlassen fühlte? Wie oft folgten auf Strafen für die Kinder schlimme Vorwürfe an sich selbst? Heute versuchen wir in unseren Familien bindungs- und bedürfnisorientiert zu leben aber die Traumata der vergangenen Generationen tragen wir mit uns.
Schnell kommt die Angst, das Kind zu verwöhnen, zu verziehen und am Ende tanzt es und eventuell doch auf der Nase herum?
Dahinter stehen zwei Fragen:
- Vertrauen wir darauf, dass unsere Kinder von Geburt an gut und richtig sind?
- Finden wir uns selbst und können lernen, mit unseren Gefühlen zu leben anstatt sie zu verbergen oder zu verleugnen?
Wenn wir annehmen, dass unsere Kinder genau richtig sind, so wie sie zu uns kommen, das wir sie nicht zurecht biegen müssen, dann hat auch jedes Gefühl, das sie ausdrücken seine Berechtigung. Jedes Gefühl ist gut und wertvoll, ermöglicht es und den Zugang zu unseren Kindern und mit ihnen in Kontakt zu treten.
Es gibt keine guten und schlechten Gefühle.
Weint ein Baby, weil es Angst hat, den Kontakt zu uns zu verlieren, können wir ihm zeigen, dass wir da sind, es trösten und es merkt „Auf die kann ich mich verlassen, sie machen, dass es mit gut geht“.
Wütet ein Kind, weil es mit seiner Hilflosigkeit überfordert ist und sich ärgert, dass es nicht erreichen kann, was es möchte, können wir es begleiten und ihm helfen, mit seinen Gefühlen umzugehen. Wut ist ein sinnvolles Gefühl um Ungerechtigkeiten zu begegnen sowie sich und anderen zu schützen.
Unsere Kinder sollen immer wissen, dass wir sie begleiten und ihnen Helfen, dass sie selbst aber immer „richtig“ sind. So bekommen sie ein positives Selbstbild und vertrauen in sich.
Wie ist das nun mit der weinenden Mutter? Wir haben häufig gelernt, unsere Gefühle zu verbergen, zu unterdrücken oder zu ignorieren. Als Eltern erleben wir täglich die intensiven, ungebändigten Emotionen unsere Kinder. Wenn wir lernen, unsere Gefühle ebenfalls zu bejahen und zuzulassen profitiert die ganze Familie davon.
Wenn wir als Eltern das Gefühl bekommen, unser weinendes Kind sofort auf den Arm zu nehmen und zu trösten, dass ist das das richtige, ursprüngliche Gefühl und wenn wir es zulassen, weint unser Kind weniger und alle haben weniger Stress. Widersetzen wir uns diesem Gefühl, stehen wir und das Baby unter enormem Stress, das kostet viel Kraft und Nerven.
Sind wir mit einer Situation überfordert und möchten uns weinend in die Ecke setzen, dürfen wir das tun. Es gibt kein Verbot für Eltern zu weinen und Kinder erleben so die Authentizität ihrer Eltern und die Richtigkeit aller Gefühle.
Möchten wir alles Zusammenbrüllen, weil wir so richtig sauer sind, wütend und genervt, ist es ein wichtiger Hinweis, das einige unserer wichtigsten Bedürfnisse nicht erfüllt werden. Es gibt uns die Chance zur Selbstfürsorge, zum Hinterfragen, was uns gerade so wütend macht und warum. Wutanfälle zu verstehen und die Ursachen zu entdecken ist eine Arbeit, die wir als Erwachsene tun müssen, wenn wir als Kinder beigebracht bekommen haben, die Wut zu unterdrücken.
Wenn das Motto des letzten Beitrags war „Ja statt Nein“, dann lautet unser Mantra nun: Weniger „Stell dich nicht so an“ und mehr „ich verstehe dass du traurig/wütend/verzweifelt bist und das ist okay“. Dadurch verändert sich das Verhältnis zu unseren Kinder und es kann eine vertrauensvolle Beziehung entstehen.