Es ist vielleicht die wichtigste Frage für alle werdenden Eltern und Schwangeren: Wo soll das Kind zur Welt kommen? Viele stellen sich diese Frage vielleicht, weil sie eine hohe Zahl an Krankenhäusern mit Geburtsstationen an ihrem Wohnort haben, andere wiederum weil sie von diesen eben viel zu wenige haben und schon von Frauen gehört haben, die mit starken Wehen mehrere Krankenhäuser anfahren mussten oder das Kind gar im Auto oder Krankenhausflur zur Welt gebracht haben. Dann gibt es aber auch werdende Eltern und Schwangere, die sich für eine außerklinische Geburt entscheiden, die gerne eine Hausgeburt durchführen möchten oder in ein Geburtshaus gehen möchten. Doch auch hier gibt es Schwierigkeiten, der Hebammenmangel führt dazu, dass eine Hausgeburt oder eine Geburt im Geburtshaus oft kaum möglich ist. Es stellt sich also die Frage:
Können werdende Eltern und Schwangere den Geburtsort tatsächlich frei wählen?
Zahlen und Fakten
Seit 1991 ging die Zahl der Geburtsstationen um 40% zurück, so gab es 2016 in ganz Deutschland nur noch 716 Geburtsstationen in Krankenhäusern (Quelle: Statistisches Bundesamt). Die Geburtenrate sank aber nur um knappe 11%, die Beiträge für die Berufshaftpflicht der Hebammen stieg, das Elterngeld wurde eingeführt und auch sonst ist Deutschland bestrebt ein kinderfreundlicheres Land zu werden. Wie passt das zusammen?
Habe ich die Wahl und wenn ja welche?
Diese Frage stellen sich sicherlich einigen werdende Eltern und Schwangere. Denn zum Glück ist die Zeit vorbei in der sicher war, dass eine Frau zur Geburt ins Krankenhaus gehen muss. Doch welche Möglichkeiten habe ich?
Hausgeburt
Eine Geburt zu Hause kann ein sehr erfüllendes Erlebnis sein, wenn alle Rahmenbedingungen stimmen. Zuerst steht und fällt eine Hausgeburt mit der betreuenden Hebamme, wer also Interesse an einer Hausgeburt hat sollte möglichst mit positivem Schwangerschaftstest eine Hausgeburtshebamme kontaktieren (in manchen Regionen sogar schon dann, wenn man plant schwanger zu werden). Einer Hausgeburt steht nichts im Wege, wenn Frau und Kind gesund sind und eventuelle Risiken durch den betreuenden Frauenarzt ausgeschlossen sind.
Eine Hausgeburt bringt viele Vorteile. Die Frau ist während der Geburt in ihrem vertrauten Umfeld, sie kann sich zurückziehen wenn sie das möchte und hat nur die Personen um sich, die sie auch bei sich haben möchte. Auch Geschwisterkinder können so an der Geburt teilnehmen (und nein, sie erleiden dadurch kein Trauma!).
Geburtshaus
Ein Geburtshaus wird von Hebammen geleitet. Es werden Vorsorgeuntersuchungen für Schwangere, Kurse rund um die Schwangerschaft und Neugeborene angeboten sowie ein Räume für die Geburt des Kindes. Während der Geburt wird die Frau von nur einer Hebamme betreut, die sie auch durch die Vorsorgeuntersuchungen bereits kennen gelernt hat. Zur Entbindung des Babys kommt eine zweite Hebamme dazu. Geburtshäuser legen Wert auf eine intime Atmosphäre und einen behutsamen Umgang mit der Schwangeren und dem Baby. Es gibt gemütliche Geburtsräume, die mit allem ausgestattet sind, was für die Geburt benötigt wird, es wird aber bewusst vermieden, eine Krankenhausatmosphäre zu schaffen. Sollten im Verlauf der Geburt Komplikationen auftreten erfolgt eine rechtzeitige Verlegung in ein vorher gewähltes Krankenhaus. Nach der Geburt bekommen die Neugeborenen und Ihre Eltern viel Zeit um anzukommen.
Geburt mit Beleghebamme
Eine Beleghebamme ist eine freiberufliche Hebamme, die jedoch eng mit Geburtskliniken zusammenarbeitet oder sogar dort als eine solche angestellt ist. Leider geht auch die Zahl dieser Hebammen zurück.
Wer das Glück hat eine Beleghebamme zu finden kann diese also zur Geburt mit ins Krankenhaus bringen. Sie begleitet den gesamten Geburtsverlauf und ist Hauptansprechpartner für die Schwangere. Viele Beleghebammen betreuen die Frau auch vor und nach der Geburt, so dass ein enges Vertrauensverhältnis entstehen kann.
Geburt im Krankenhaus mit Hebammen im Schichtdienst
Die große Mehrheit wählt auch heute noch die Geburt im Krankenhaus, in welchem Hebammen im Schichtdienst arbeiten. Dies ist, trotz dem Rückgang der Geburtsstationen, immer noch der einfachste Weg eine Geburt in Begleitung einer Hebamme erleben zu dürfen.
Für ein Krankenhaus entscheiden sich auch all die Frauen, die die relative Sicherheit der Krankenhäuser schätzen und sich mit einem Arzt und einer OP in ihrer Nähe sicherer fühlen.
Bei einer Geburt im Krankenhaus mit Hebammen im Schichtdienst muss jeder Frau aber bewusst sein, dass sie oft von mehr als nur einer Person betreut wird. Während der Geburt sind nicht nur der Partner und die Hebamme anwesend, sondern oft auch ein oder mehrere Ärzte und ggf. auch Kinderkrankenschwestern. Des weiteren gibt es durch den Mangel an Geburtsstationen und Hebammen, die bis zu vier oder fünf Frauen gleichzeit betreuen immer wieder Situationen, die den Geburtsverlauf negativ beeinflussen. All dessen sollten sich die werdenden Eltern und Schwangeren bewusst machen.
Alleingeburt
In den letzten Jahren ist ein neuer Trend entstanden, Frauen bringen ihre Kinder völlig ohne fremde Hilfe und oft auch ganz alleine zur Welt. Entscheidet sich eine Frau für diesen Weg, sollte sie sich vorher ausführlich informieren und trotz dem Wunsch alleine zu sein eine vertraute Person in ihrer Nähe haben.
Sag was du willst – Die Wunschliste für die Geburt
Es ist deutlich, oft haben Frauen keine Wahl was den Geburtsort angeht und so gehen sie zähneknirschend ins nächste Krankenhaus. Ich empfehle jeder Frau, sich schon früh mit dem Thema Geburt auseinanderzusetzen und das gängige „so macht man es eben“ in Frage zu stellen. Je früher der Frau klar ist, was sie sich für ihre Geburt wünscht, desto deutlicher kann sie diese Wünsche auch in einer nicht ganz optimalen Umgebung äußern und dafür einstehen.
Viele Frauen schreiben sich eine Wunschliste und bringen diese zur Geburt mit. In vielen Krankenhäusern ist es mittlerweile auch möglich sich vorher anzumelden und Wünsche und Bedenken zu äußern und diese mit dem Personal durchzusprechen. Hiervon sollte jede Frau Gebrauch machen, wenn sie die Möglichkeit hat.
Insbesondere bei vorangegangenen Schwierigkeiten bei einer Geburt oder in der Schwangerschaft ist es ratsam, ein solches Anmeldungsgespräch zu führen. Dann hat die Klinik die Möglichkeit, die Informationen in ihrem System aufzunehmen und man kann sich am Tag der Geburt auf die Mutter und das Baby konzentrieren.
Was können wir tun?
Klar und deutlich sagen, was wir Frauen wollen. Wir müssen für unser Recht auf eine Hebamme einstehen und dafür eintreten, dass die Arbeitsbedingungen für Hebammen deutlich verbessert werden. Deswegen ist es ganz wichtig jede nicht bekommene Leistung zu melden, sei es bei der Krankenkasse oder dem Hebammenverband.
Eine Geburt braucht nicht viel, aber das wenige was es braucht wird uns Frauen immer weiter gestrichen und entzogen. Es bedarf so wenig auf diese Situation aufmerksam zu machen.
Ein super-wichtiger Artikel! Bei uns in der Gegend gibt es einen Kreißsaal, der an manchen Tagen einfach geschlossen ist, weil keine Hebamme Dienst hat. 😦
Ich hab hier mal aufgeschrieben, dass wir Frauen uns (egal, wo wir gebären), nicht zu Objekten machen lassen sollten — und dass gerade dies in Krankenhäusern leider immer wieder passiert. https://ichgebaere.com/2018/03/28/subjekt-statt-objekt/
Herzliche Grüße, Katharina
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