Unser Schreibaby – Unsere Geschichte

Die Geburt der Tochter war ehrlich gesagt nicht schön. Es dauerte lange und schlußendlich wurde sie mit der Saugglocke geholt, nachdem sie vier Stunden unter Presswehen im Geburtskanal steckte.

Die erste Nacht nach der Geburt schlief die Tochter fast nur und weinte immer wieder kläglich im Schlaf. Ab dem nächsten Tag schrie sie, fast ohne Pause. Oder sie versuchte verzweifelt mehr als Blut aus meinen Brustwarzen zu bekommen. Hier berichte ich über unseren Stillstart, von dem wir zuerst vermuteten, dass er der Grund für das viele schreien sein könnte.

Aber auch nachdem die Milch kam, schrie die Tochter weiter. Sie kam kaum zur Ruhe und wir mit ihr auch nicht. Ich war irgendwann nur noch übermüdet, hatte direkt in den ersten sechs Lebenswochen der Tochter zwei Brustentzündungen mit hohem Fieber und war einfach nur verzweifelt. Meine Mama und mein Papa sprachen mir immer wieder Mut zu, fühlten sich aber in die Zeit mit mir zurückversetzt, denn ich habe damals auch die ersten drei Monate meines Lebens durchgeschrien. Irgendwo bin ich froh, dass es so war, denn beide wussten sehr genau was wir gerade erlebten.

Die Tochter war von Anfang an ein sehr waches Kind. Sowohl meine Mama, als auch meine Hebamme, sagten damals mit als erstes: „Mit ihr werdet ihr noch euren Spaß haben!“ Aber Spaß war das am Anfang nun wirklich nicht, denn die Tochter ließ sich kaum beruhigen. Spazieren gehen mit dem Kinderwagen funktionierte glücklicher Weise gut, oft auch die Trage. Damit sie aber wirklich länger als nur eine knappe halbe Stunde schlief, musste das kleine Bündel fixiert werden. Es klingt brutal, bedeutete aber, sie auf den Arm zu nehmen, die Beine unter den einen Arm zu klemmen und den anderen so um sie zu schlingen, dass sie die Ärmchen nicht mehr bewegen konnte. Nachts halfen wir uns mit einem Pucktuch.

Der Mann ist leider typisch Mann, er lässt sich nicht gerne helfen und schonmal gar nicht von Fremden. So haben wir uns auch erstmal keine Hilfe geholt, ich wollte ihm nicht vor den Kopf stoßen, es war sowieso alles schon sehr angespannt und dann war da immer noch die Hoffnung, dass es auf wundersame Weise aufhört, wenn sie 12 Wochen alt ist.

Ungefähr zu diesem Zeitpunkt fuhren wir mit der Familie des Mannes in einen Kurzurlaub. Die Tochter hatte den ganzen Tag Beschäftigung, es gab so viel zu sehen, Oma und Opa waren da, Tanten und Onkel und die Cousine. Sie war wie ausgewechselt, schrie viel weniger. Wir fuhren optimistisch heim und alles zerschlug sich wieder. Denn hier daheim in der eintönigen Langeweile unseres Zuhauses schrie sie wieder.

Für mich war es zu viel, ein Wochenende lang versteckte ich mich im Schlafzimmer und weinte viel, während der Mann mit der Tochter draußen unterwegs war und sie mir nur zum stillen brachte. Nach dem Wochenende war klar, wir brauchen dringend Hilfe. Und so sprach ich den Kinderarzt an, der sehr verständnisvoll mit der Situation umging und uns bescheinigte, dass die Tochter kerngesund sei. Von ihm bekamen wir die Adresse einer Beratungsstelle des Kreises, die extra eine Dame ausgebildet hatten, um Fällen wie unseren zu übernehmen.

Bei einem ersten Treffen fragte sie zu allererst mich, wie es mir ginge und was genau ich bräuchte. Das hat unglaublich gut getan, einfach zu wissen, sie hilft mir, egal was ich dort sage. Schnell stand fest, dass sie uns daheim besuchen kommen müsste, um zu sehen wie Alltagssituationen bei uns aussahen. Um diese auswerten zu können, filmte sie uns beim wickeln, spielen, stillen und füttern. Heraus kam nichts. Die Tochter ist ein ganz normales, aufgewecktes Kind, das altersgerecht entwickelt ist. Die Dame vermutete, dass sie wahrscheinlich einfach Schwierigkeiten hätte sich zu regulieren und gab mir einige Tipps.

Zu diesem Zeitpunkt, sie war gute fünf Monate alt, war es glücklicherweise schon etwas besser geworden. Die Tochter hatte gelernt sich zu drehen und kam so ein gutes Stück vorwärts. Sie hatte den ersten Brei bekommen und wir hatten parallel mit BLW gestartet. Und so wurde es über den Sommer immer besser, bis ich zu Beginn ihres neunten Lebensmonats wieder arbeiten ging. Zu dem Zeitpunkt war die Tochter fast ein „normales“ Baby bzw. Kleinkind.

Und heute? Die Tochter ist immer noch impulsiv und weint sehr schnell, wenn sie Frust hat. Ich kann nicht sagen, ob sie mit ihren 21 Monaten jetzt schon in der Autonomiephase ist, auf jeden Fall möchte sie alles selbst machen, wir vermuten, dass sie das ist, was Juul ein autonomes Kind nennt. Sie kommuniziert sehr klar und weiß ganz genau, was sie will und auch was sie nicht will. Sie ist ein freies und wildes Kind, ständig in Bewegung und absolut glücklich.

Aber auch heute haben wir noch Überbleibsel aus der Schreizeit, denn ihr fällt es Abends immer noch schwer zur Ruhe zu kommen und abzuschalten. Dann ist alles zu viel und nichts hilft. In den seltesten Fällen schreit sie sich dann weg, das sind schlimme Momente für den Mann und mich. Heute können und wollen wir sie nicht mehr festhalten, damit sie sich beruhigt und so begleiten wir sie an diesen Abenden so lange, wie sie es braucht, immer abwechselnd.

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