Vor 2 Wochen starteten Clara und ich unseren Blog und freuen uns, die Erfahrungen der letzten Jahre mit euch teilen zu können.
Einige Reaktionen auf unsere Eröffnungsartikel lauteten „Bitte, was? Worum geht’s hier?“. Aus diesem Grund wird es einige Artikel geben, in denen wir die Begriffe, Ideen und Konzepte kurz erläutern.
Heute: Das artgerecht Projekt
Zugegeben, der Titel ist etwas provokant aber er trifft den Kern des Projektes ausgezeichnet.
Wir Menschen haben eine lange und erfolgreiche Reise durch die Jahrtausende der Evolution absolviert. Unsere Instinkte und angeborenen Verhaltensweisen haben uns durch diese Zeit gebracht.
Auch wenn wir heute in KFW-70 Häusern leben, die meisten gefährlichen Tiere in entfernte Reservate verbannt haben und die täglichen Aufgaben wie Nahrungsbeschaffung bestmöglich rationalisiert haben, läuft in unseren Gehirnen noch das altbewährte Steinzeit-Betriebssystem.
Je weiter wir uns von den früheren Lebensgewohnheiten wie etwa dem Leben in einer starken sozialen Gemeinschaft und im Rhythmus der Natur entfernen, desto größer wird für uns die bewusste Anstrengung, mit dieser Umgebung zurechtzukommen, da uns das alte Betriebssystem nicht mehr ausreicht.
Während wir großen Menschen in westlichen Industrienationen lernen in einer auf Leistung und Anpassung basierenden Welt zu leben, vergessen wir die Ausgangssituation der kleinen Menschen, wenn sie das Licht dieser Welt erblicken.
Sie kommen mit ihrem Steinzeit-Betriebssystem auf diese Welt und wissen nichts von sicheren Wänden und dem Babyphone, mit dem sie überwacht werden.
Ihre Bedürfnisse sind einfach und klar:
– Sie fordern viel Nähe um sicher zu stellen, dass sie nicht erfrieren, überhitzen oder in Gefahr geraten. Die sind vollständig abhängig von der Fürsorge ihrer Bezugspersonen.
– Sie benötigen häufig Nahrung um das schnelle Wachstum ihres Körpers und des Gehirns sicher zu stellen.
Wir Menschen in der heutigen Welt drohen zu vergessen, was unsere Babys bewegt. Wir unterstellen ihnen Manipulation der Erwachsenen, Tyrannei, Trotzigkeit und allerlei weitere Boshaftigkeiten.
Unsere Kinder lernen durch ihr bewährtes Steinzeit-Programm in den ersten Jahren alles, was sie benötigen, um ihr Leben erfolgreich zu meistern. Und das, egal ob sie in der Arktis, in Mitteleuropa oder im Dschungel geboren werden.
Das Verhalten der Kinder ist im Kontext ihrer Entwicklung immer sinnvoll, wir sollten uns bemühen die Hintergründe ihres Verhaltens zu erkennen. Kinder benötigen eine artgerechte Umgebung, um ihre Stärke der flexiblen Entwicklung ausspielen zu können.
Für die ersten Monate im Leben mit einem Baby gilt die Devise Stillen, Tragen, Bindung herstellen, sich kennen lernen. Auch windelfrei ist ein (völlig undogmatisches) artgerecht-Thema. Es gibt viele Überschneidungen zu Attachment Partenting.
Bei artgerecht wird aber auch das Umfeld und die Welt, in der wir leben nicht vergessen. Artgerecht zu leben bedeutet auch einen Platz in der Gemeinschaft zu finden und Verantwortung zu lernen.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt darin mit der Natur in Kontakt zu sein. Unsere Kinder benötigen seit Jahrtausenden Raum, um sich auszuprobieren und zu lernen. Im Wald, auf Wiesen und Feldern, an Seen oder Flüssen findet sich alles, was sie dafür brauchen.
Das Projekt artgerecht informiert, berät und schafft Bewusstsein für die Bedürfnisse der großen und kleinen Menschen. Das Ziel ist Verständnis für unsere Bedürfnisse und unser Verhalten zu erzeugen uns unser Zusammenleben so zu vereinfachen.
Kinder, die artgerecht aufwachsen werden in der Lage sein, eine verantwortungsbewusste Rolle in der Gesellschaft und der Welt anzunehmen. Wenn sie Liebe, Selbstbewusstsein und Verantwortung erfahren und weitergeben werden es unsere Kinder sein, die es schaffen können, diese Welt ein Stück besser zu machen. Wir können die Welt nicht für unsere Kinder ändern sondern durch die Art, wie wir sie aufwachsen lassen.
melanie
Ein Gedanke zu “Warum denn bitte „artgerecht“? Wir sind doch Menschen und keine Tiere..?”