Mein erstes Kind schrie, viel und lange und vor allem unstillbar. Ich war unerfahren und unsicher. Vor allem aber hatte ich wirklich wenig Erfahrungen mit Babys. Vor allem hatte ich wenig bis keine Erfahrung mit Müttern, die ihre Babys viel und nach Bedarf stillten, die ihr Baby ausschließlich oder viel im Tragetuch oder der Tragehilfe trugen und die einen artgerechten Umgang mit ihren Babys pflegten. In meinem Kopf war die Stimme, die mir immer wieder sagte, dass ich dieses Baby doch nicht auch noch verwöhnen sollte.
So kam es, dass ich sie recht wenig in unserer wunderschönen Trage trug und mich nicht an ein Tuch heranwagte. Auch der Mann fand das tragen in der Trage nicht so toll und schonmal gar nicht daheim. Auch er hatte Angst das Kind zu sehr zu verwöhnen. Zum Glück gab es da aber auch Menschen um mich, die ganz anders mit ihren Babys umgingen und die viel trugen und auch viel stillten.
Und so versuchte ich einen Mittelweg zu finden, trug sie immer wieder und stillte sie entweder nach der Uhr, weil ich in dem ganzen Geschrei keinerlei Hungerzeichen erkannte, oder dann wenn ich das Gefühl hatte, dass sie mal wieder etwas brauchen könnte.
Und jetzt, mit dem zweiten Kind? Er schreit nicht, ist aber ein Baby, dass sehr viel Körperkontakt braucht, dass es hasst abgelegt zu werden und dass viel und gerne stillt und oft auch nur so ein- und weiterschläft. Es ist nicht mit einem Schreibaby vergleichbar und trotzdem eine große Herausforderung. Doch diesmal mache ich vieles anders und das hätte ich auch gemacht, hätte auch er geschrien.
Tragen ist Liebe und eine große Erleichterung
Ich habe mir in der Schwangerschaft ein Tuch zugelegt, weil ich wusste, dass ich diesmal viel mehr tragen wollte. Denn auch die Tochter habe ich noch lange getragen und fange es jetzt wieder an, nachdem der Beckenboden wieder einigermaßen beisammen ist. Den Sohn trage ich fast ausschließlich. Zum Glück zieht der Papa diesmal mit und bindet sich mittlerweile den Kleinen auch ab und zu um. Ich habe ihn ständig umgebunden und bekomme ihn mittlerweile auch sehr gut mit dem Tuch auf den Rücken.
Es ist so eine Erleichterung so viel zu tragen, auch wenn ich mit fortschreitendem Alter und Gewicht merke, dass mein Körper nicht so schnell nachkommt. Doch es hilft uns so sehr, schläft der Kleine darin doch so gut, was er sonst nicht tut.
Ich weiß, dass viele Babys, die viel schreien, in einer Trage oder Tuch zur Ruhe kommen können. Sie sind abgeschirmt von all den Reizen, die auf sie einprallen und die sie noch nicht abwehren können. Sie sind nah am Körper ihrer Bezugsperson, riechen bei Mama den vertrauten Geruch nach Milch und hören den gewohnten Herzschlag. Auch das enge und beengte hilft ihnen sich zu beruhigen. Ich hatte bei der Tochter nach drei Monaten so starke Schulterschmerzen, dass ich sie kaum noch heben konnte. Mittlerweile denke ich, dass mir damals der vermehrte Gebrauch der Trage deutlich geholfen hätte.
Es gibt aber auch die Momente, in denen sie auch im Tuch oder der Tragehilfe weiterweinen und sich nicht beruhigen lassen. Das muss nicht heißen, dass sie diese Art der Nähe oder das tragen an sich nicht mögen. Manche Babys brauchen das Schreien, um zu verarbeiten oder um sich zu beruhigen. Weint ein Baby aber viel in der Trage oder drückt sich extrem durch, lohnt es sich bei einem darauf speziallisierten Arzt auf das KISS-Syndrom zu untersuchen.
Stillen, stillen, stillen
Und noch etwas würde ich anders machen und mache es auch jetzt schon. Viel, viel, viel mehr stillen. Ich weiß nicht wie ich auf die verrückte Idee kommen konnte, dass die Tochter nur alle drei Stunden Hunger haben könnte. Ich habe das auch nicht wirklich durchgehalten, denn wie bereits gesagt war da eine Stimme in mir, die mir immer wieder zuflüsterte, dass das doch so nicht richtig sein könnte.
Beim Sohn stille ich jetzt viel mehr als bei der Tochter und es stört mich überhaupt nicht. Mittlerweile weiß ich aber auch, dass Stillen so viel mehr ist als nur Nahrungsaufnahme. Stillen ist Geborgenheit und Liebe. Stillen gibt Trost und Sicherheit. Stillen ist flüssige Liebe
Ich vermute aber auch, dass mir das alles viel leichter gefallen ist, weil ich schon eine Stillerfahrung habe. Auch hatten der Sohn und ich einen ganz normalen, entspannten Stillstart, wohin gegen der Stillstart mit der Tochter alles andere als toll war. Aber auch hier habe ich diesmal anders gehandelt. Ich habe meine wunden Brustwarzen sofort von meiner Hebamme behandeln lassen. Und ich war sehr klar darin, dass ich nicht mit der Flasche, sondern notfalls nur mit einem Brusternährungsset zufüttern wollen würde. Das haben wir aber gar nicht gebraucht, denn diesmal kam die Milch ziemlich direkt und auch gleich wieder in solch einer Menge, dass ich sicherlich noch zwei andere Kinder hätte miternähren können.
Es ist also bei Stillproblemen immer angeraten, eine erfahrene Hebamme oder, noch besser, eine Stillberaterin zu Rate zu ziehen. Denn oft helfen diese Fachpersonen noch einmal, das Stillen zu verbessern. Sie schauen, dass das Kind richtig angelegt wird und von selbst genug Kraft hat zu saugen.
Nach Bedarf zu stillen bzw. das Kind mit der Flasche zu füttern, ist das beste was wir machen können. Doch wie erkennen wir den Bedarf, wenn das Baby stundenlang schreit und auch an der Brust kaum zur Ruhe kommt. Ich selbst bin irgendwann vom drei Stunden Rhythmus abgewichen, habe mich aber doch an der Uhr orientiert um dem armen kleinen Mensch nicht auch noch Hunger zuzumuten.
Geht raus!
Und noch etwas hätte ich diesmal anders gemacht, auch wenn es mir sehr schwer gefallen wäre. Ich wäre mehr raus gegangen. Mit der Tochter habe ich mich daheim versteckt, habe mich nicht getraut mit ihr einen Kurs zu besuchen oder mich mit anderen zu verabreden. Zu all dem neuen, überhaupt ein Baby zu haben, kam das Gefühl versagt zu haben, weil sie so viel schrie.
Heute weiß ich, dass ich nicht versagt habe, auch wenn das Gefühl von damals tatsächlich auch heute beim zweiten Kind ab und an hoch kommt. Und es ist auch überhaupt nichts peinliches daran, wenn das Kind unstillbar weint. Meist sehen die anderen Mütter, wie liebevoll wir mit unserem weinenden Kind umgehen. Und wenn wir Glück haben, treffen wir eine Mutter, der es genau so geht oder ging. Oder wir treffen eine Mutter oder auch einen Vater, die uns zur Seite stehen möchten, die uns das Baby abnehmen wenn wir es brauchen, uns ein offenes Ohr schenken oder einfach nur da sind.
Es ist nie einfach
Natürlich ist es die Erfahrung und auch die Ausbildung, die mich anders hätte handeln lassen. Es ist nicht einfach als Erstlingsmutter mit einem Schreibaby zurecht zu kommen. Es ist unglaublich fordernd und zehrt. Fragen über Fragen schwirren durch den Kopf. Die Angst versagt zu haben ist oft ein ständiger Begleiter. Überall scheint es nur Babys zu geben, die durchschlafen und die glücklichsten und zufriedensten Wesen auf diesem Planeten sind. Deswegen hoffe ich, dass alle Eltern mit einem Schreibaby Hilfe suchen, diese bekommen und von den Erfahrungen anderer profitieren können.