Mama arbeitet – Emanzipation und Rückschritt

Geht eine Frau relativ schnell nach der Geburt des Kindes wieder arbeiten, kommt schnell sehr heftige Kritik. Das Kind brauche nun mal die Mutter und erhalte im Zweifelsfall durch die viele Fremdbetreuung beziehungsweise eine Betreuung durch eine Person welche nicht die Mutter ist einen Schaden. Der Mutter wird Egoismus nachgesagt, sie stelle ihre eigenen Bedürfnisse nach Wohlstand über die des Kindes.

Als ich Kind war, war es relativ üblich, dass Frauen nach der Geburt nicht wieder in ihren Job zurückgekehrt sind. Das Gehalt des Mannes hat ausgereicht, um die Familie gut zu versorgen. Und oft hatte die Frau auch einen vergleichsweise sehr viel schlechteren Job als ihr Partner. Doch auch damals gab es Frauen, meine Mama war eine von ihnen, die trotz Kindern arbeiten gegangen sind und sich dafür eingesetzt haben, dass Kinder auch länger als drei bis vier Stunden am Vormittag betreut werden.

Ich hatte das Gefühl, dass sich in den Jahren, in denen ich groß geworden bin, wirklich viel getan hat. Es war selbstverständlich, dass ich mein Abitur mache und Mathematik studiere und trotzdem an ein Leben mit Kindern denken konnte. Es gab nicht mehr nur schwarz und weiß. Die Frauen, die Karriere machen wollten, dafür aber keine Kinder bekamen und die Frauen, die Kinder bekamen, dafür aber schon in der Ausbildung einen Gang zurück schalteten. Frau konnte beides sein, Mutter und berufstätig.

Doch seit einigen Jahren machen viele Frauen wieder einen Schritt zurück. Ihre Ausbildung ist ihnen nicht wichtig, sie bekommen Kinder und sehen dies als ihre Hauptaufgabe an. Sie bestehen darauf, dass der Mann genug verdient um die Familie versorgen zu können, was heute kaum noch möglich ist. Es gibt immer mehr die klassische Hausfrau und Mutter, ja manche würden sogar sagen die „gute“ Mutter ist zurück.

Doch ist das nicht ein Rückschritt? Hat sich meine Mutter zum Beispiel umsonst jahrelang dafür stark gemacht zu zeigen, dass auch ihre Kinder keinen Schaden haben, weil sie arbeiten gegangen ist? War es umsonst, dass viele Eltern darum gekämpft haben, dass die Kinderbetreuung ausgebaut wurde? Und wie steht es eigentlich um die Anerkennung der Care-Arbeit?

Fakt ist, heute kann ein Kind theoretisch recht früh und recht lange durch andere Menschen in Kindergärten und Krippen betreut werden. Auch Frauen haben wieder die Chance auf Karriere, trotz Kindern. Aber leider immer noch nicht in dem Ausmaß, wie ein Mann sie hat. Was braucht es also?

Meiner Meinung nach darf es nicht wieder zurück gehen. Es muss möglich sein, dass beide Partner arbeiten können. Dass Familie wieder bezahlbar wird und nicht einem finanziellen Ruin gleich kommt. Es muss noch sehr viel passieren, damit auch Männer ganz selbstverständlich bei den Kindern bleiben können. Dass es normal ist, dass auch ein Mann ein halbes Jahr oder länger mit dem Kind daheim bleibt. Und es muss gesehen werden, dass Care-Arbeit wichtig ist und auch die Mütter, die daheim bleiben nicht nur rumsitzen und Latte macchiato schlürfen.

Braucht es dafür größere und mehr Kitas? Jein. Wir brauchen definitiv eine verbesserte Betreuung. Wir brauchen Erzieher*innen, die von ihrem Gehalt leben können und Arbeitsbedingungen, die es ihnen ermöglichen einen viel engeren Kontakt mit den Kindern aufzubauen. Wir brauchen aber auch andere Arbeitsmodelle. Es muss möglich sein, dass wir Kinder bekommen und diese in ihrem wachsen begleiten können. Es muss genauso normal sein, dass Männer daheim bleiben.

Gehen wir also nicht wieder einen Schritt zurück, sondern viele weitere Schritte nach vorne, damit unsere Enkel irgendwann mit beiden Elternteilen aufwachsen können.

Ein Gedanke zu “Mama arbeitet – Emanzipation und Rückschritt

  1. Ich persönlich habe nicht das Gefühl, dass es ein Rückschritt ist. Zumindest dann nicht, wenn es – so wie bei mir/uns – absichtlich und gewollt ist.
    Ich bin Krankenschwester und hatte nie das Gefühl, dass ich auf meine „Karriere“ verzichten musste wegen unserem Kind. Ich bin gern und absichtlich zu Hause, denn es passt einfach für uns als Familie am besten so. Mein Mann arbeitet 30Std/Woche und wir haben keine finanziellen Probleme – und nein, wir haben weder was geerbt, noch massenhaft Geld von unseren Eltern bekommen oder im Lotto gewonnen, noch haben wir Schulden. Wir kaufen (teure) Biolebensmittel und fahren in den Urlaub. Trotzdem sind wir nicht auf mein Einkommen angewiesen. Und ja, es geht nicht jedem so! Doch egal, ob jemand wieder schnell arbeiten geht weil er will oder muss, genauso darf man doch entscheiden, dass man zu Hause bleiben will, weil man kann! Mein Mann war jetzt 6 Monate in Karenz.

    Ich kann nur schwer nachvollziehen, dass Emanzipation immer gleichgesetzt wird damit, dass die Frau so sein und so handeln muss wie der Mann. Ich finde wahre Emanzipation ist es, wenn frau die Möglichkeit hat, selbst zu entscheiden, was sie wie machen möchte!!
    Natürlich ist es toll, wenn Frauen sich für andere Frauen und ihre Rechte einsetzen! Und Menschen, egal ob Frau oder Mann, sollten auf jeden Fall gleichberechtigt sein. Was sie dann aus ihren Lebenssituationen machen, ist dann aber ganz allein ihre Entscheidung.

    Alles Liebe cao

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