Die Tochter geht gerne einkaufen, denn sie darf dann einen kleinen Einkaufswagen durch den Laden schieben und Einkäufe dort hinein packen. Daran hat sie unglaublich Spaß und es klappt wirklich gut, wenn man ihr zeigt, was wir alles benötigen.
Doch im Supermarkt gibt es auch die Fleischtheke und da gehen wir eben nicht immer hin. Das ist für die Tochter jedoch schwer zu verstehen, denn da gibt es doch die netten Menschen, die eine Scheibe Wurst rüber reichen. Kommt die Fleischtheke in Sicht, steuert sie den kleinen Wagen dahin und protestiert laut und wütend, wenn wir gegenlenken und sagen, wir möchten jetzt aber lieber weiter gehen und zum Beispiel Käse kaufen. Sowieso findet sie es nicht lustig, wenn wir den Wagen mitlenken, aber in der Situation noch weniger. Viele Eltern würden jetzt sagen, dass sie trotzig wird, ich sage, sie ist einfach wütend und enttäuscht, weil sie so gerne eine Scheibe Wurst gehabt hätte.
Ein artgerechter, bedürfnisorientierter Umgang mit dem Kind, ist ja immer ein Umgang auf Augenhöhe. Doch was genau heißt das denn? Und wie begebe ich mich mit dem Kind auf Augenhöhe?
Immer wieder lese ich, dass es wichtig ist, sich in die Gefühle der Kinder einzufühlen, ihnen das Gefühl zu geben, sie zu verstehen und gerade bei kleineren Kindern diese Gefühle auch zu verbalisieren. Dem stimme ich auch zu und deswegen sage ich sehr oft Sätze wie:
„Du bist grad wütend, das verstehe ich.“
„Du wolltest gerne eine Scheibe Wurst und hast keine bekommen, das ist doof.“
Aber ich stelle der Tochter auch unheimlich viele Fragen, obwohl sie außer Mama, Papa und bye-bye kein Wort spricht. Doch sie kommuniziert unglaublich gut auf einer nonverbalen Ebene und so kommen wir mit Fragen, die sich mit ja oder nein beantworten lassen auch oft sehr weit. Ich nehme mir also Zeit herauszufinden, was genau das Problem ist. Gelingt nicht immer, aber oft und es hilft oft ungemein die Situation zu verstehen. Denn manchmal denkt sie ganz anders als ich oder eher gesagt, ich denke sehr viel komplizierter als sie.
Reicht das nun, um mit dem Kind auf Augenhöhe umzugehen und zu kommunizieren? Ist es genug, zu versuchen das Kind zu verstehen, sich seiner Gefühle und Probleme anzunehmen? Reicht es, Sätze wie die obigen zu sagen?
Nein, das reicht nicht und das habe ich erst an der Wursttheke erkannt. Denn bisher habe ich obige Sätze oft gesagt und bin aber gleichzeitig schon weiter gegangen. Oder habe sie auf den Arm genommen, eigentlich um sie zu trösten und Nähe herzustellen, dabei aber auch mit der Idee im Hinterkopf, weiter zu kommen und meine Interessen weiterzuverfolgen. Vielleicht jetzt nicht immer, aber leider doch recht oft.
Doch da an der Wursttheke bin ich in die Hocke genommen, habe versucht sie in den Arm zu nehmen. Ich habe Fragen gestellt und herausgefunden, dass sie eine Scheibe Wurst wollte. Ich habe erklärt, dass wir da aber gar nichts kaufen und sie deswegen keine bekommen kann (ja, ich hätte nach einer Scheibe fragen können). Dann habe ich sie gefragt, ob sie mir helfen möchte den Käse fürs Abendessen zu suchen. Das wollte sie, sie hat einfach den Wagen weitergeschoben. Ohne Drama, ohne Tränen, ohne Machtkämpfe, die ich sowieso nicht führen will.
Manchmal ist es doch so einfach. Wenn wir davon sprechen mit den Kindern auf Augenhöhe umzugehen, müssen wir das einfach auch mal komplett durchziehen. Und wenn ich mich dazu im Supermarkt auf den Boden setzen muss, was solls. Blöde Blicke, ja die kamen. Na und, ist mir egal, die Tochter und ich waren glücklich.