Als die Tochter geboren wurde wusste ich nicht viel über das Stillen nach Bedarf. Ich hatte mir auch nicht wirklich Gedanken gemacht, wie oft denn nun so ein kleines Menschlein gefüttert werden mag. Lediglich den Schreilaut, den ein Baby macht wenn es hungrig ist, hatte ich mir vorher im Internet angehört. Ich war sehr fasziniert, als ich diesen im Krankenhaus bei den Babys in den umliegenden Zimmern tatsächlich identifizieren konnte, nur aus meiner Tochter kam dieser Laut nicht raus.
Schnell stellte sich heraus, dass die Tochter schrie, weil sie Hunger hatte, denn ich hatte ja zuerst keine Milch. Doch auch nach dem zufüttern hörte das Schreien nicht auf und veränderte sich auch nicht. Der Mann und ich, völlig unerfahren in der Kinderpflege und tatsächlich etwas überfordert mit dieser Situation, machten das Beste daraus und fütterten eben so alle zwei bis drei Stunden. Erst an der Brust, aus der ja nichts kam, und dann noch ein Fläschchen mit Pre und Tee gemischt.
Als nach einigen Tagen dann endlich die Milch kam, stillte ich voll, jedoch weiterhin eher nach meinem Gefühl und doch irgendwie auch nach der Uhr. Zu dem Zeitpunkt hatte ich blöderweise das Buch Warum französische Kinder keine Nervensägen sind von Pamela Druckermann gelesen. Schlecht ist das Buch nicht und einige Ansätze der Franzosen (der cadre z.B.) finde ich nicht schlecht. Doch Franzosen sind streng und so sind sie es auch beim Essen und bei den Essenzeiten für die Kinder. Denn die werden streng nach der Uhr gefüttert. Und so ließ ich mich verleiten und fing an die Tochter nur noch alle drei Stunden zu stillen. Das hat unsere Situation bestimmt nicht besser gemacht.
Glücklicherweise habe ich irgendwann eingesehen und auch gemerkt, dass das nicht realistisch ist und doch wieder angefangen öfter zu stillen. Trotzdem war es mir ein Rätsel, wann genau die Tochter denn nun das Bedürfnis hatte gestillt zu werden, also wann sie Hunger hatte. Es gab Phasen, in denen sie durchgebrüllt hat. Selbst beim Stillen hat sie immer wieder abgedockt um sich den Frust von der Seele zu schreien. Mir war es nicht möglich zu erkennen, wann sie Hunger anzeigt.
Man sagt, dass man sehr früh merken kann, wann Babys Hunger haben, denn sie machen sich schon sehr früh bemerkbar. Es beginnt mit schmatzen und räkeln, geht dann über in ein meckern und erst dann fangen die meisten Babys an zu weinen und haben dann auch oft schon starken Hunger. War meine Tochter aber mal still, gab es all diese Zeichen nicht. Ein leichtes weinen oder meckern kannte ich von ihr nicht. Sie ging immer von null auf hundert und sicherlich sehr oft nicht weil sie Hunger hatte.
Stillen nach Bedarf ist toll und absolut sinnvoll. Ich esse auch immer dann, wenn ich Hunger habe und nicht erst dann, wenn mein Mann oder meine Freunde mir sagen, dass es nun Zeit ist. Ich weiß am Besten, wann ich was brauche und das wissen unsere Babys auch. Nur wie geht man damit um, wenn das arme kleine Menschlein es einfach nicht ausdrücken kann? Was macht man, wenn all die bekannten Hungerzeichen fehlen?
Ich habe schlußendlich doch nach der Uhr gestillt. Alle zwei Stunden, denn länger fand ich für so ein kleines Menschlein nicht zumutbar. Und trotzdem blieb auch ein Teil Stillen nach Bedarf, denn immer dann, wenn ich glaubte ein Zeichen erkannt zu haben, habe ich auch gestillt.
Auch als die extremste Schreizeit vorbei war, war es für mich schwierig zu erkennen, wann die Tochter Hunger hat. Und auch heute noch erkenne ich es ganz oft nicht, auch wenn sie sich mittlerweile sprachlich ein wenig ausdrücken kann („Mamamam“ ist Hunger/Essen). Zum Glück ist sie mittlerweile aber groß genug um zu zeigen, was sie möchte oder einfach selbst auf die Bank am Tisch zu klettern und sich etwas zu nehmen.
Stillen nach der Uhr ist doof, wenn es anders geht. Da bin ich auch knallhart, das mag ich nicht. Doch wenn es nicht anders geht, dann ist es völlig ok und absolut notwendig, solange man weiterhin mit seinem Kind in Kontakt bleibt und schaut, ob es nicht doch irgendwelche Anzeichen macht.