Selbstbestimmter Medienkonsum bei Kleinkindern – unser Weg

Sind Medien nun gut oder schlecht für unsere Kinder? Das fragen sich viele Eltern und versuchen den richtigen Weg zu finden. Doch gibt es diesen Weg überhaupt? Oder muss jeder für sich selbst herausfinden und entscheiden, wie er oder sie mit diesem Thema umgeht?

In diesem Beitrag möchte ich über unseren Weg sprechen. Er entsteht im Rahmen der Blogparade von SCHAU HIN zum Thema „Vertrauen und Kontrolle in der Medienerziehung“, welcher auch auf Facebook, Twitter und Instagram unter dem #medienmomente läuft.

Empfehlungen

Die Initiative SCHAU HIN ist eine sehr gute und informative erste Anlaufstelle für Eltern, um sich über den Medienkonsum und den Umgang mit Medien zu informieren. Ins Leben gerufen wurde sie 2003 durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, die beiden öffentlich-rechtlichen Sender Das Erste und ZDF sowie die Programmzeitschrift TV SPIELFILM. Hier bekommen Eltern Informationen zu den verschiedenen Themen rund um Medien, wie Smartphones, Internet, Nutzungszeiten für jedes Alter und vieles mehr.

Wer also eine Empfehlung für den Umgang mit Medien sucht ist dort genau richtig. Besonders gut gefallen haben mir die Medienbriefe, die eine gute Übersicht bieten. Hier wird empfohlen, dass Kinder im Alter von drei Jahren eine maximale Zeit von 30 Minuten vor dem Bildschirm verbringen, worauf es bei Filmen ankommt und wie die Geräte gesichert werden können.

Auch die WHO empfiehlt in diesem Alter eine maximale Medienzeit von einer Stunde, Kinder unter einem Jahr sollten nach Möglichkeit gar keine Medienzeit haben. Wichtig ist vor allem, dass sich Kinder im Alter bis zu fünf Jahren ausreichend bewegen und vielfältige Beschäftigungsangebote erhalten. Hier kann die neueste Empfehlung im Detail nachgelesen werden.

Die Deutsche Akademie der Kinder- und Jugendmedizin (DAKJ) und der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), sowie weitere Partner haben ebenfalls einen Flyer mit Empfehlungen herausgegeben. Hier wird keine konkrete Zeit genannt, die Kinder als Bildschirmzeit zugesprochen werden sollte. Empfohlen wird aber, dass für Kinder unter drei Jahren keine Medien angeboten werden sollen. Der Flyer kann hier eingesehen werden.

Eins haben aber alle Quellen gemeinsam. Sie empfehlen einen achtsamen Umgang mit Medien und machen deutlich, wie wichtig körperliche Bewegung, medienfreier Raum und abwechslungsreiche Beschäftigungsmöglichkeiten für die Entwicklung unserer Kinder sind.

Unser Weg – Medienkonsum bei Kleinkindern

Wir haben beide ein Handy, wie sollte es auch anders sein in der heutigen Zeit. Wir verbringen beide recht viel Zeit am Handy, halten Kontakt mit Freunden über WhatsApp, ich surfe viel auf Facebook oder Instagram und der Mann schaut Videos oder spielt Pokemon. Die Kinder kennen uns mit einem Handy vor dem Gesicht also von Anfang an und wissen, dass wir es oft zur Hand nehmen, wenn wir einen Moment Ruhe für uns brauchen.

Als die Tochter noch sehr klein war und oft nur auf mir im Klammergriff geschlafen hat, habe ich viel Zeit am Handy verbracht, am Kindle gelesen oder Fernsehn geschaut. Das Handy war in der Zeit für mich das einzige Mittel Kontakt zu anderen zu halten. Was wir jedoch bei keinem der Kinder gemacht haben, aktiv Handyapps oder Fernsehsendungen für Kinder eingeschaltet, solange sie so klein waren.

Ich kann gar nicht genau sagen, wann wir begannen Bobo Siebenschläfer oder Peppa Wutz zuerst auf Youtube und dann über Streamingdienste anzuschauen. Die Tochter war zu dem Zeitpunkt jedoch schon über ein Jahr alt. Der Sohn hat das wesentlich früher mitbekommen, denn er hält sich schließlich auch im Wohnzimmer auf, wenn die Tochter Fernsehn schauen möchte.

Begrenzt haben wir die Zeit nie aktiv, oft haben andere Aktivitäten (Abendessen, Spaziergang, gemeinsames baden) eine natürliche Grenze vorgegeben. Wir hatten und haben Zeiten in denen die Tochter viel schauen möchte und immer wieder fragt. Und dann wieder Zeiten, in denen der Fernseher wochenlang nicht angeschaltet wird. Wir haben keine festen Fernsehzeiten, wir erinnern nicht, dass sie noch was schauen darf, wir begrenzen sanft. So kann sie relativ selbstbestimmt schauen und nutzt das auch für sich aus. Ich bin sehr gespannt, ob und wie wir diesen Weg gehen können, wenn der Sohn auch aktiv schauen möchte, denn bisher interessiert ihn der Fernseher sehr wenig.

Wir haben kein Tablet und nur unsere Handys, somit kennt die Tochter auch nur eine sehr einfache App für Kinder auf dem Handy des Mannes. Nach dieser fragt sie ab und an, der Mann entscheidet dann, ob sie sein Handy haben darf oder nicht.

Haben wir das Gefühl, dass sie übermäßig viel Fernsehn schaut, machen wir Alternativangebote. Wir lesen sehr viel zusammen und schlagen das oft als Alternative vor. Andere mögliche Alternativen sind unsere Toniebox (ja, auch eine Art Mediennutzung), gemeinsames bauen mit Duplo oder der Kugelbahn, Spiele, basteln oder raus gehen. Sie nimmt diese Alternativangebote gerne an. Wir akzeptieren aber auch, wenn sie das nicht möchte.

Selbstbestimmt heißt bei uns aber nicht, dass sie selbst den Fernseher an und aus schalten kann. Die Fernbedienung haben wir Eltern, sie hat eine eigene, mit der sie nichts bewirken kann. Unsere Handys sind mit einem Code gesperrt, bisher weiß sie noch nicht wie sie diesen eingeben kann und akzeptiert auch, dass wir darüber bestimmen wer die Handys nutzen darf. Uneingeschränkten Zugang hat sie zu ihrer Toniebox und zum CD-Spieler, den sie mittlerweile alleine bedienen kann. Und auch das Radio im Bad kann sie mittlerweile alleine einschalten.

Über die Medien und deren Nutzung sprechen

Mir ist es wichtig, dass wir immer wieder über unseren Medienkonsum sprechen. Das wir erklären warum wir handeln, wie wir handeln. Wir sprechen über das, was sie dort sieht und haben tatsächlich auch schon Connie-Folgen gezielt eingesetzt um sie auf den Besuch beim Kinderarzt (sie hat seit einem Pflasterwechsel nach einer Verbrennung große Angst vor dem Arzt) vorzubereiten und ihr zu zeigen, was dort passiert.

Wir erklären ebenfalls, wenn wir mit ihrer Auswahl einer Serie oder eines Films nicht einverstanden sind. Und begleiten ihren Frust, wenn wir diese verbieten oder mittendrin abschalten, weil der Inhalt nicht passt.

Frust begleiten gehört meiner Meinung nach auf jeden Fall zum Umgang mit Medien dazu, gerade bei so kleinen Kindern, die nicht abschätzen können wie lange sie schauen und die Schwierigkeiten haben ein Ende zu finden. Wir kündigen das Abschalten an, sagen ihr, dass sie den Clip noch zu Ende schauen kann und dann abgeschaltet wird, oder dass das Essen bald fertig ist und wir dann abschalten werden. Manchmal ärgert sie sich darüber und weint, manchmal springt sie auf und ist schon weggelaufen bevor ich überhaupt ausschalten kann. Und dann gibt es auch die Tage, an denen sie sagt, dass sie aufhören möchte oder sogar selbst den Fernseher ausschaltet (sie hat beim Mann gesehen, wo man das am Gerät selbst machen kann bzw. zieht einfach den Strom).

Auch über die Nutzung des Handys sprechen wir. Ich erkläre ihr manchmal, dass ich gerade einer Freundin schreibe um auszumachen wann wir uns treffen. Manchmal fragt sie mich auch, ob ich nicht einer der anderen Mütter schreiben kann, um etwas zu verabreden. Sie tippt einer ihrer Freundinnen ab und zu Smilie-Nachrichten ein oder mag ein Foto für Melanies Sohn machen, dass wir dann gemeinsam verschicken. Und wir nutzen das Handy sehr oft um mit den Großeltern über Videotelefonie in Kontakt zu bleiben. Auch das gehört für uns zu unserem Alltag dazu.

Vorbild sein

Nur wenn wir einen achtsamen Umgang mit Medien haben, können unsere Kinder einen solchen lernen. Sitzen wir selbst ständig vorm Fernseher, haben diesen im Hintergrund laufen oder schauen ununterbrochen aufs Handy ist der Umgang für unsere Kinder mit diesen Medien selbstverständlich. Vor allem ist es für sie schwer verständlich warum sie diese nicht oder nur begrenzt nutzen sollen, wenn wir sie selbst so unbegrenzt nutzen.

Mir fällt es manchmal sehr schwer ein gutes Vorbild zu sein. Gerade Facebook und Instagram verlocken immer wieder zu schauen, was gerade neues passiert. Und ich schaue auch regelmäßig, ob mich neue Nachrichten erreicht haben. Das gehört irgendwo zu meinem Alltag dazu, denn so entstehen oft schöne und spontane Verabredungen. Jedoch gefällt es mir selbst oft nicht wie oft ich darauf schaue und so lege ich das Handy regelmäßig in einen Raum in dem wir uns nicht aufhalten. Oder ich nehme es gar nicht mit, wenn wir spazieren gehen oder auf den Spielplatz gehen.

Medienfreie Zeiten

Zeiten ohne Medien tun uns allen gut, auch wenn wir uns manchmal gar nicht vorstellen können, wie das gehen soll. Dann denke ich an meine Kindheit zurück, ohne Computer und Handy, mit einem Fernseher, der nur drei Programme empfangen hat und komme mir unglaublich alt vor. Jedoch führt mir das vor Augen, dass wir damals auch sehr gut zurecht gekommen sind bzw. unsere Eltern. Verabredungen wurden beim abholen im Kindergarten getroffen, der Austausch fand auf dem Spielplatz oder im Supermarkt statt. Und zumindest Telefon hatten wir ja schon.

Medienfreie Zeiten heute zu haben ist fast unmöglich, denn selbst wenn ich es für mich entscheide heißt das noch nicht, dass der Mann auch mitmacht. Ich kann und möchte nicht bestimmen, ob er zu einem Ausflug sein Handy mit nimmt oder nicht. Trotzdem versuche ich es immer wieder, lege das Handy bewusst weg und gestalte den Tag so, dass den Kindern nicht langweilig wird. Ich muss nicht immer erreichbar sein. Und genau dieser Punkt ist so wichtig für unsere Kinder, denn sie wachsen nicht wie meine Generation ohne diese Medien auf.

Der richtige Weg, gibt es ihn?

Welcher Weg nun der richtige ist kann und will ich nicht sagen, denn jede Familie findet für sich den passenden. Es müssen sich alle damit gut fühlen. Es ist in Ordnung, wenn in einer Familie viel Fernsehn geschaut wird und in der anderen gar nicht. Wichtig ist nur, dass die Kinder gesund aufwachsen, ausreichend Bewegung bekommen und kein Suchtverhalten entwickeln. Medien sind nichts böses, sie gehören zu unserm Alltag dazu. Leben wir unseren Kindern also einen gesunden Umgang mit ihnen vor.

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