Mit „Geschwister als Team“ schreibt Nicola Schmidt eine tolle Ergänzung zu den beiden artgerecht-Büchern. Durch diese wissen wir, wie unsere Steinzeitbabys ticken, was größere Kinder brauchen und erwarten, wie ihre Hirne funktionieren und noch so viel mehr. Doch viele Eltern mit mehr als einem Kind treibt schnell die Frage um, wie sie denn nun zwei oder mehr Kindern gerecht werden können und wie sie aus dem ewigen Teufelskreis zwischen Geschwisterstreit, Neid und tiefer Geschwisterliebe herauskommen können.
Und genau deswegen hat Nicola dieses Buch geschrieben. Sie schreibt:
Wir brauchen Verbindung, Liebe und praktische Wege, um unser Familienleben auf die nächste Stufe zu heben.
Wir brauchen diese Nähe, diese Familie und diese Liebe jetzt – hier und heute, da Sicherheit so wichtig wird in einer unruhigen Welt, in die wir unsere Kinder entlassen. Was können wir ihnen Besseres mitgeben als stabile Beziehungen und das Gefühl, eine Familie als Team hinter sich zu haben?
Nicola Schmidt, „Geschwister als Team“, Seite 14
Ich glaube, diesen Worten werden fast alle Eltern zustimmen und dieses warme Gefühl im Bauch haben, das ihnen sagt, dass es eben doch den Weg gibt, den sie sich wünschen. Einen Weg, der ihren Kindern Sicherheit und einen oder mehrere verlässliche Partner an ihrer Seite gibt, die sie bis ins hohe Alter tragen und begleiten werden.
Sechs Bausteine für Geschwister als Team
Nicola stellt die These auf, dass es sechs Bausteine braucht um aus Geschwistern ein Team zu machen. Diese sechs Bausteine geben auch den Rahmen des Buches vor, in jedem Kapitel wird auf einen von ihnen eingegangen. Sie reichen von einem ersten Baustein, der uns Eltern erklärt, was Geschwister sind, wie sie die einzelnen Persönlichkeiten der Kinder beeinflussen können und wie sich das Geschwisterbild in anderen Kulturen und über die Zeit hinweg entwickelt und verändert hat. Weiter geht es mit einem Baustein zu den verschiedenen Phasen der Geschwisterbeziehung, zur Rollenverteilung und wie Problemkinder vermieden werden können, wie Konflikte gelöst werden können, wie Geschwister zu sich selbst finden und schlussendlich wie sie ein Team werden können.
Aber auch besondere Konstellationen werden angesprochen. Wie kann das Geschwisterteam entstehen, wenn ein Kind körperlich oder geistig eingeschränkt ist? Wie können Patchworkfamilien gut funktionieren und was passiert mit den Kindern, wenn sie plötzlich neue Geschwister aus solchen Konstellationen bekommen?
Die verschiedenen Phasen der Geschwisterbeziehung
Besonders interessant war für mich der Abschnitt über die verschiedenen Phasen der Geschwisterbeziehung, wahrscheinlich auch weil es bei uns ein ganz aktuelles Thema ist. Hier entsteht gerade eine Geschwisterbeziehung, die von außen betrachtet sehr harmonisch wirkt. Doch ist sie das auch wirklich? Wie können wir die zwei unterstützen, dass sie als Team zusammen wachsen? Wie können wir ihnen Lösungen an die Hand geben, wenn Streit oder Unstimmigkeiten aufkommen? Und wie kann ich damit umgehen, dass die Tochter gerade arg zurückstecken muss was Zeit mit mir betrifft, da der Sohn sehr fordernd ist?
Mich hat der Abschnitt zur ersten Phase (0 bis 8 Monate) bestärkt, dass wir den richtigen Weg gehen. Die Tochter kuschelt gerne mit dem Sohn, küsst ihn oder will ihn auf ihren Schoß heben. Dabei ist sie, sie ist ja auch erst knapp drei, oft noch sehr ruppig und ungeschickt und überschätzt schnell ihre Kräfte. Mein erster Impuls, sie auszuschimpfen und den Sohn zu beschützen, habe ich oft heruntergeschluckt und bin wirklich nur in kritischen Situationen eingesprungen. Oft habe ich ihr einfach Hilfe angeboten und den Sohn so etwas geschützt. Mittlerweile kann er recht deutlich machen was er mag und was nicht und genau da setzen wir an. Ich lasse die Tochter machen, mache sie aber auf die Reaktionen des Sohnes aufmerksam und versuche so für sie erkennbare Zeichen (wenn er weint und strampelt will er nicht auf den Schoß) zu etablieren, da sie noch zu klein ist um empathisch nachzuempfinden was genau der Sohn gerade fühlt.
Wenn zwei sich streiten haben die Eltern Stress
Wenn meine Schwester und ich eins als Kinder besonders gut konnten, dann war es streiten. Wir konnten über alles in Streit ausbrechen, waren oft sehr verschieden und haben beide einen starken Willen. Eine explosive Mischung. Doch genauso gut wie wir streiten konnten, konnten wir uns auch wieder vertragen. Meine Schwester hat wundervolle Entschuldigungsbriefe geschrieben, die ich bis heute aufbewahre und die mir immer noch ein Lächeln ins Gesicht zaubern.
Ich befürchte aber meine Eltern fanden diese vielen Streitereien wirklich sehr anstrengend. Und sicherlich waren sie manchmal auch wirklich hilflos (unser Papa wollte uns einmal sogar auf der Autofahrt aussetzen, rangefahren war er schon), was ich absolut nachvollziehen kann so im Nachhinein betrachtet.
Nicola erklärt aber im Kapitel über Konflikte, dass Streit wichtig und normal ist und zu einer gesunden Geschwisterbeziehung dazu gehört (ich bin ja fest überzeugt, dass er auch zu einer gesunden Paarbeziehung gehört). Doch wichtig ist es, so Nicola, dass die Kinder lernen richtig zu streiten
Außerdem gibt sie einige praktische Tipps an die Hand, wie wir Eltern unseren Kindern helfen können aus Streitsituationen herauszukommen. Aber auch wie wir unseren Kindern ermöglichen können Wut abzulassen oder im Spiel deutlich zu machen was sie brauchen.
Jedes Kind ist anders
Jedes Kapitel endet mit einem Abschnitt unter der Überschrift „Jedes Kind ist anders“. Das ist vielleicht einer der wichtigsten Sätze für uns Eltern, denn wir bekommen mit dem zweiten Kind schließlich keinen Klon des ersten, selbst wenn es auf Babyfotos manchmal so scheinen mag. Deswegen gilt auch für unsere Kinder, dass was wir uns sowieso vornehmen sollten, wir vergleichen nicht. Jedes Kind ist so wie es ist und genau so ist es toll und richtig. Es ist ein Teil des Familienteams und ein Teil des Geschwisterteams.
Danke für den tollen Beitrag!
Geschwisterliebe ist wirklich ein spannendes Thema. Manchmal ist es ja auch so, dass (ältere) Kinder schon vor der Geburt ihres Geschwisterchens eingebunden werden wollen — das ist aus meiner Sicht eine tolle Möglichkeit, die Beziehung zwischen beiden zu stärken.
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