Frédérick Leboyer war Geburtshelfer und Dichter, er arbeitet lange in einer Parisier Geburtsklinik und ist der Vater der sanften Geburt, welche auch unter der Leboyer-Methode bekannt ist. In seinem Buch „Geburt ohne Gewalt“ schreibt er über die Gefühle des Babys während der Geburtsreise.
Mich hat der Schreibstil zu Anfang etwas verwirrt, dann aber in seinen Bann gezogen. Er führt Gespräche mit einem imaginären Gesprächspartner, der die klassische Haltung gegenüber Geburt einnimmt. Das Buch ist 1974 zum ersten Mal erschienen, also in einer Zeit in der es normal war, Kinder und vor allem Neugeborene wie Gegenstände zu behandeln. Er war mit einer der ersten, der das Neugeborene und auch schon das ungeborene Kind als Mensch mit Gefühlen betrachtete.
Zentrales Thema des Buches ist die Geburtsreise aus Sicht des Kindes. Leboyer ist es wichtig, dass nicht nur eine Geburtssituation geschaffen wird in der sich die Mutter wohl fühlen kann, sondern die auch dem Baby hilft in dieser Welt anzukommen. Immer wieder betont er, wie einschneidend das Erlebnis der Geburt für das Baby ist. Er versucht die Gefühle und vor allem die Ängste des Babys in Worte zu fassen und untermalt seine Ansichten mit sehr vielen Bildern. Diese Bilder kommen uns heute teilweise sehr grausam vor (Baby wird an den Füßen über den Oberkörper der Mutter gehalten), waren aber damals Alltag.
Leboyers Arbeit und sein Ansatz, den er in diesem Buch sehr deutlich beschreibt, sind die Grundlage für viele heutige Geburten. Sie haben geholfen die Geburtshilfe zu verändern und auch Krankenhausgeburten wieder zu Geburten zu machen, die nicht einer OP oder der Behandlung einer Krankheit gleichen. Das Kind bekommt die Chance sanft in diese Welt hinüberzugleiten und wird in seinem Ankommen unterstützt. Es wird, wie die Mutter auch, liebevoll behandelt und als Mensch mit Gefühlen gesehen. Ein ganz wichtiger Schritt, der vieles wieder gebracht hat, was wir in vielen Jahren Geburtshilfe verloren haben.
Es gelingt Leboyer aus meinen Augen so exakt die Gefühlswelt des Neugeborenen zu beschreiben und dies in einer sehr poetischen Weise (Seite 150):
Das Kind läßt sich nicht täuschen. Es weiß alles, es fühlt alles. Es entlarvt uns mit erstaunlicher, beängstigender Sicherheit. Es schaut bis auf den Grund unserers Herzens und erkennt die Farben unserer Gedanken. Das Neugeborene ist ein Spiegel. Es schickt uns unser Bild zurück. Es liegt an uns, ob es weint, oder ob sein Eintritt in die Welt eine Freude wird.
Ich wünsche allen Babys, die da geboren werden, dass Geburtshelfer sich Leboyers Worte zu Herzen nehmen und es für alle Babys eine Freude wird auf die Welt zu kommen.