Überlassen Sie es einem Kind, Ihre Welt auf den Kopf zu stellen, Ihren Atem zu rauben und sich wieder zu verlieben. Mit seinem zahnlosen Lächeln wird es Ihr Herz erobern.
Jan Blaustone, The Joy of Parenthood
Heute vor zwei Jahren sind wir Eltern geworden. Um 16:38 Uhr war sie endlich da, die Tochter. Wir hatten so lange auf sie gewartet, nicht nur die neun Monate der Schwangerschaft. Schon als wir am Vortag zur Geburt ins Krankenhaus gegangen sind wussten wir, ab jetzt wird alles anders. Und das ist es auch geworden und irgendwie wieder doch nicht.
Bis zur Geburt der Tochter war ich hin- und hergerissen. Einerseits hörte ich immer wieder, dass ein Leben mit Kind so ganz anders und besonders anstrengend ist. Dass ich streng sein muss und mich durchsetzen muss, weil sie mir sonst spätestens mit zwei Jahren auf der Nase herumtanzt (stimmt übrigens nicht). Aber dann waren da auch diese Menschen, die so ganz anders mit ihren Kindern umgingen und so vieles anders machten, als „man“ es eben macht. Und da war das wundervolle Buch von Julia Dibbern, „Geborgene Babys“, das mich zum Nachdenken brachte.
Schon vor der Geburt der Tochter machten wir eine Trageberatung und legten uns zum Kinderwagen eine Frl. Hübsch (Trage) zu. Ich machte mich über Stoffwindeln schlau und kaufte ein kleines Paket zum ausprobieren. Aber wir bauten auch ein komplettes Kinderzimmer auf, inklusive Babybett. Um es vorweg zu nehmen, geschlafen hat sie darin bis heute keine Nacht.
Und jede Planung kann noch so gut sein, die Kinder zeigen uns sehr deutlich was sie brauchen und wie es ihnen geht. Jetzt kann hier natürlich jeder seinen Weg gehen und es ist für viele Eltern vielleicht einfach und bequem das Kind zu brechen, es zu ferbern und es daran „zu gewöhnen“ ruhig und alleine zu sein. Diese Eltern gehören glücklicherweise immer mehr und mehr der Vergangenheit an und es gibt immer mehr Eltern wie wir, die hinterfragen, was ihr Baby nun braucht.
Und auch wir haben uns viereinhalb lange Monate gefragt, was unser Baby besonderes braucht, denn das war die Zeit in der sie fast ununterbrochen geschrien hat, zumindest fühlte es sich damals so an. Wir versuchten ihr Nähe und Liebe, Geborgenheit und Sicherheit zu geben. Ich stillte so gut es ging nach Bedarf, sie schlief auf oder direkt neben uns (wenn sie schlief), ich trug sie, wir schuckelten, wir wanderten tage- und nächtelang durch die Räume unseres Hauses. In der Zeit hatte ich wirklich den Eindruck, dass ein Kind das Leben komplett verändert und auf den Kopf stellt und ich nie wieder ein normales Leben haben werde.
Doch ist es wirklich so? Verändert ein Kind das Leben der Eltern? Klar, bei den einen mehr, bei den anderen weniger. Für uns war es tatsächlich kaum eine Veränderung, viel mehr hat es unser Leben ein wenig vollständiger und erfüllter gemacht. Natürlich sitzen auch wir oft Abends auf dem Sofa und fragen uns, was an diesem Tag verkehrt gelaufen ist und warum es gerade so anstrengend ist. Oft kommen wir aber genau dann auf neue Ideen oder hinterfragen das Verhalten der Tochter.
Wir sind mit Sicherheit reflektierter geworden mit der Zeit. Wir gehen anders miteinander um, wir nehmen manchmal sogar mehr Rücksicht als wir es zuvor getan haben. Wir hinterfragen das Verhalten der Tochter und manchmal sogar unser eigenes. Also doch eine Veränderung in unserem Leben, die sich aber gar nicht wie eine anfühlt.
Und auch ich persönlich habe mich verändert und bin doch ich geblieben. Ich bin Mutti, durch und durch. Das konnte ich mir früher nie vorstellen, aber so ist es und es ist wunderschön diese Seite an mir zu entdecken.
Ich lese ja sowieso für mein Leben gerne und mit der Geburt der Tochter begann eine neue Reise in eine Welt der alternativen Erziehungsratgeber und damit auch die Ausbildung zum artgerecht Coach. Ich weiß jetzt so viel über Babys und Kinder und könnte ständig und jedem Vorträge halten, weil mich dieses Thema so begeistert und weil es mich fasziniert das alles am lebenden Objekt zu erkunden und zu erkennen.
Und ich habe eine Liebe entdeckt, die so tief sitzt, dass sie mit Worten nicht zu beschreiben ist. Ich war mein Leben lang fasziniert, dass meine Mama alles für uns getan hätte und ihr Leben für uns geopfert hätte, wäre es notwendig gewesen. Ich kann jetzt verstehen warum das so ist.
Ein Kind bringt so viel schönes und neues mit. Es nimmt uns mit auf eine Abenteuerreise, auf die es lohnt sich einzulassen. Es erfordert Mut neue Wege zu gehen und dem Gegenwind zu trotzen. Es ist das beste, was uns passieren konnte und wir sind glücklich und dankbar für diese zwei Jahre. Und wir sind voller Vorfreude auf alles was da noch kommen mag, mit der Tochter, mit dem Molchkind im Bauch und eventuell ja sogar noch mit weiteren Kindern. Es bleibt spannend, es bleibt wunderschön und es bleibt doch alles gleich und doch ganz anders.