Plötzlich und viel zu schnell war er da, mein erster Arbeitstag nach der Elternzeit. Ich hatte die Nacht vorher kaum geschlafen, das aber nicht weil die Tochter immer wieder wach war, sondern weil ich immer wieder aufgewacht bin und hoffte, dass noch viele Stunden bis zum aufstehen auf der Uhr stehen würden. Entsprechend müde stand ich dann im Bad und fing erstmal wieder an zu weinen. Das alles fühlte sich so falsch an und doch so vertraut.
Bevor die Tochter zur Welt kam bin ich fast jede Woche mindestens einmal gefühlt mitten in der Nacht aufgestanden, habe mich zurecht gemacht, bin in meine Businesskasper-Verkleidung gesprungen und mit dem Zug oder Flugzeug zu irgendeinem Kunden gereist. Das war fünf Jahre lang mein Alltag, ich kannte davor nichts anderes. Und dann kam die Tochter und stellte meine Welt auf den Kopf. Plötzlich hatte ich nicht mehr das Bedürfnis erfolgreich im Job zu sein.
Aber es war nicht zu ändern, ich musste los. Los zu einem mir unbekannten Kunden und unbekannten Kollegen. Und einer Aufgabe, die mir nicht ganz klar war. Das alleine ist ja schon was, dazu aber die Trennung von der Tochter und immer wieder der Gedanke: „Schafft der Mann das ganz alleine mit ihr? Wird sie mich arg vermissen?“
Vorweg, sie wird mich sicherlich vermisst haben und sich gefragt haben, wo ich denn nun hin bin. Aber der Mann hat das großartig gemacht und schließlich ist er ihr fast genauso vertraut gewesen wie ich ihr. Das einzige Manko am Mann, er kann nicht stillen. Aber alles andere konnte und kann er ihr genauso geben wie ich.
Und wie war der erste Tag für mich? Ganz schlimm und auch wieder nicht. Ganz schlimm im Bezug auf die Trennung, die hab ich überhaupt nicht gut weggesteckt. Mir ist es immer noch ein Rätsel, wie ich lange Zeit behaupten konnte, dass es doch albern ist, wenn Mütter so ein Theater machen. Man sieht sich ja Abends wieder. Was war ich doof!
Andererseits war der Tag auch gar nicht schlimm, denn grundsätzlich gehe ich tatsächlich gerne arbeiten. Mein Kopf braucht eine Aufgabe und will gefordert werden und genau das ist in meinem bisherigen Job der Fall.
Und noch ein Faktor war ganz wichtig, die Kollegen. Die sind nämlich alle sehr nett und verständnisvoll, dass ich als Mama und Vollzeitarbeitskraft nicht ganz so flexibel bin und haben mir von Anfang an die Möglichkeit gegeben meine Arbeitszeiten nach meiner Familie auszurichten. Das hat den Start wirklich vereinfacht.
Es war ein schwerer Schritt, aber es war auch ein guter Schritt. Ein guter Schritt für mich, die Tochter und den Mann. Und vielleicht das Beste daran ist, dass der Mann wundervolle fünf Monate mit der Tochter verbringen konnte, die ihnen beiden eine ganz besondere Beziehung geschenkt hat.
Auch heute fällt es mir noch fast jeden Morgen schwer loszugehen und zu wissen, dass ich Mann und Kind erst am Abend wieder sehe. Gerade heute Morgen ist die Tochter wach geworden als ich aufgestanden bin und ist mir ins Bad hinterhergetapst. Am liebsten wäre ich grade wieder mit ihr ins Bett gekrochen.
Aber es hat sich auch Routine eingeschlichen und ich bin komplett wieder in der alten Welt angekommen, zumindest für acht Stunden am Tag. Und ich hab Spaß im Büro mit netten Kollegen,die mich liebevoll als „Öko-Hippi-Mutti“ bezeichnen, mich regelmäßig fragen welche exotischen Obstsorten unser Obstkorb enthält oder einfach mal zuhören wenn ich jammere, dass die Nacht so blöd war. Und sie haben eine super tolle Kaffeemaschine organisiert, damit sie mich bei Laune halten können. Und das ist sehr viel Wert und hilft mir sehr.
Mich hat Dein Satz bewegt: Und alles fühlte sich so falsch an und so vertraut. Alles Gute und viel Segen wünsche ich Eurer Familie.
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