Ich bin ein Mensch, der schnell die Schuld erstmal bei sich sucht, egal was eigentlich vorgefallen ist und auch unabhängig davon, ob ich überhaupt schuldig sein kann. So ging es mir auch in der schlimmsten Schreizeit. Ich habe fast jeden Tag mit der schreienden Tochter auf dem Arm auf dem Sofa gesessen und mich gefragt, was ich falsch mache. Gemeinerweise fallen mir rückblickend tatsächlich ein paar Sachen ein, die ich hätte besser machen können. Das sind aber Kleinigkeiten und sie hätten mit Sicherheit nichts an der Situation geändert.
Trotzdem kennt jede Mutter und wahrscheinlich auch viele Väter mit einem schreienden Baby diese immer wiederkehrende Frage nach der Schuld. Ich habe mich immer wieder gefragt, was ich falsch mache oder falsch gemacht haben könnte oder was der Grund für das viele Schreien sein könnte. Ich habe gar nie hinterfragt, ob es vielleicht gar nicht meine Schuld sein kann.
Zuerst vermutete man bei meiner Tochter, dass sie schrie weil sie Hunger hat, da wir ja einen relativ blöden Stillstart ohne Milch hatten. Doch sie schrie weiter, trotz zufüttern und schließlich Milch in rauhen Mengen. Nächster Verdacht, das Kind hat Bauchweh, ganz schnell war die erste Flasche Lefax gekauft und wir pumpten das Zeug wie die wilden in das arme kleine Würmchen. Half aber auch nichts, genauso wenig oder viel wie die beiden Besuche beim Ostheopathen. Und die Geburt mit Saugglocke konnte keiner rückgängig machen.
Lange Zeit habe ich gegrübelt, ob ich vielleicht in der Schwangerschaft etwas falsch gemacht habe oder zu viel Stress hatte. Ich bin mit Babybauch mehrmals geflogen, weil es dienstlich notwendig war. Und ja, der Mann und ich haben immer mal wieder gestritten. Jedoch nicht in einem Ausmaß, dass es belastend gewesen wäre.
Wie ich auch hin- und herüberlegte, ich kam zu keinem Schluss und genau das ist der Knackpunkt. Denn für die Frage nach der Schuld oder der Ursache gibt es in vielen Fällen keine Antwort. Das Kind schreit und ja es ist furchtbar, aber ich als Mutter bin nicht schuld.
Mir ist es sehr wichtig, dass Mütter sich das immer wieder vor Augen halten. Selbst wenn der Grund für das Schreien eine Geburtsverletzung ist oder Stress in der Schwangerschaft, die Mutter ist nicht Schuld. Und selbst wenn es sich so anfühlt, wenn man als Mutter das Gefühl hat alles verkehrt zu machen, das ist ein blödes Gefühl. Aber nochmal, die Mutter hat keine Schuld. Und wenn alle Leute aus dem Umfeld mit den schlauesten Ideen ankommen wie das schreiende Kind noch zu beruhigen ist, die Mutter ist nicht schuld.
An all die Mütter von Babys die viel schreien: Ihr seid toll und ihr macht einen verdammt guten Job. Schaut in den Spiegel und sagt euch, dass ihr mächtig stolz sein könnt. Und auch wenn ihr es nicht glauben mögt, irgendwann geht es vorbei.