Im Sommer waren wir gemeinsam in einem kleinen Vogelpark im Vogelsberg, die Kinder hatten ihren Spaß mit den Steinchen auf den Wegen, haben Schweine bewundert und sich von Ziegen ärgern lassen, die Männer haben Pokemons gejagt und Melanie und ich haben einfach den schönen Tag genossen. Und weils so schön war sind wir eben so lange geblieben wie es ging. Das bedeutete auch, die Kinder waren irgendwann müde, hungrig und beide ein bisschen Zahnweh geplagt. Was hilft da am Besten? Richtig, gemütlich stillen bei Mama, kuscheln, Nähe, Ruhe, Liebe. Also haben wir uns auf ein Mäuerchen am Wegrand gehockt und den Kindern das gegeben, was sie jetzt so dringend brauchten.
Das „Problem“ dabei, die beiden sind keine süßen Neugeborenen, sondern zwei große Wildfänge, die auf Grund ihrer Größe oft auch noch etwas älter geschätzt werden als sie es tatsächlich sind. Entsprechend waren auch die Blicke. Wie können wir nur in der Öffentlichkeit die Brüste auspacken und dann auch noch so große Kinder daran saugen lassen? Wie verrückt sind wir eigentlich? Gar nicht (naja gut, vielleicht manchmal doch ein bisschen)! Wir geben unseren Kindern das, was sie brauchen und das gerne und aus Überzeugung.
Wir haben oft „Tandem“ gestillt, denn die Kinder sind ja fast gleich alt und dann ist da doch irgendwie immer noch sowas wie Futterneid, vielleicht besser Brustneid. Oft haben wir in den ersten Monaten einfach zusammen auf dem Sofa gesessen, beide ein Kind an der Brust, Ruhe. Wir fanden das auch gar nicht komisch, auch wenn Melanie am Anfang mal zu ihrem Mann sagte, dass es doch ein wenig wie bei den Hippies wäre, als er Nachmittags zu solch einer Stillrunde dazu kam.
Ganz im Gegenteil ist diese Erfahrung sehr wertvoll für mich gewesen, kannte ich doch kaum eine Frau, die gestillt hat und schon gar keine, die ihr Kind länger als die üblichen sechs Monate stillte. Stillen in der Öffentlichkeit, und dazu zähle ich schon den Verwandten- und Freundeskreis, ist für viele Mütter nach wie vor ein No-Go. Und so sieht man kaum noch eine stillende Mutter, zwei schonmal gar nicht.
Aber wir haben das immer wieder gemacht und es ist schön so etwas auch zu teilen. Ein Moment ist mir besonders in Erinnerung. Als die Tochter viereinhalb Monate alt war, also gerade zu dem Zeitpunkt als die Schreierei weniger wurde, haben der Mann und ich ganz mutig unsere Hochzeit gefeiert, an einem fremden Ort mit gut 80 Gästen. Es war alles aufregend, nicht nur für uns, sondern auch für die Tochter. Und die schrie sich an dem Tag immer wieder ihre Überforderung von der Seele. Da war es mir besonders wichtig ihr meine Nähe zu geben und sie so oft zu stillen wie sie es brauchte. Bedeutete aber auch, irgendwer musste mir zumindest teilweise aus dem Kleid helfen. Oft hat das meine Schwester gemacht, ich habe schnell gestillt und dann die Kleine wieder an die Großeltern oder mein wundervolles Patenkind gegeben, die es mit einer Engelsgeduld schafften ihr Sicherheit und Ruhe zu geben.
Als der aufregendste Teil mit Essen und Reden vorüber war, hatte ich das Bedürfnis einen Moment Ruhe zu haben. Im großen Innenhof gab es eine Bank in einer Ecke, dorthin setzte ich mich mit der Tochter, mit Melanie und ihrem Sohn. Und dann half mir Melanie mich aus dem Kleid zu pellen, ich stillte die Tochter, sie den Sohn. Ein Moment der Ruhe und des Friedens und der Verbundenheit. Ein Moment an den ich immer wieder gerne zurückdenke und der zu diesem Tag dazu gehört.
Heute ist es oft so, dass Melanies Sohn stillt und die Tochter nicht. Oft steht sie dann daneben, schaut sich das ganz genau an und zeigt fasziniert drauf. Oft frage ich mich, ob sie jetzt auch mal bei Melanie probieren möchte. Warum eigentlich nicht, Kinder sind ja sehr neugierige Wesen. Ich finde es sehr schön, dass die zwei Kinder aber auch wir zwei Mütter all diese besonderen Momente erleben dürfen. Ich bin schon sehr gespannt, welche Anekdoten wir noch erzählen können, denn fest steht, das wird noch eine Weile so gehen und das ist wundervoll.